Veranstaltung: | Programm zur Wahl der Bezirksverordnetenversammlung in Berlin-Mitte 2016 |
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Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.06.2016, 14:28 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Kapitel 3: Verwaltung stärken und in die Zukunft investieren
Text
3.1 Verwaltung erneuern und modernisieren
Die Verwaltung soll für die Menschen da sein. Doch ein Termin beim Bürgeramt,
Heiraten am Samstag oder Elterngeld bevor die Elternzeit vorbei ist, wurden in
den letzten Jahren für viele Berlinerinnen und Berliner zum Glücksspiel. Das ist
die Folge der Personalpolitik von SPD und CDU im Bezirk und im Land, durch die
unser Bezirk in fünf Jahren 220 Vollzeitstellen einsparen musste und muss.
Dadurch hat unser Bezirk auch mit verlorenen Einnahmen, ungenutzten
Förderprogrammen und höheren Sozialausgaben durch mangelnde Kostenkontrolle zu
kämpfen. Während andere Bezirke Ausnahmen ausgehandelt oder den Personalabbau in
der Praxis abgeschwächt haben, hält der Bezirksbürgermeister stur am
Personalabbau fest. Damit muss Schluss sein: Wir Grüne werden uns einem
konzeptlosen Personalabbau weiterhin entgegenstellen, damit die Verwaltung
endlich wieder in allen Bereichen ihre Aufgaben erledigen kann.
Der Personalabbau, die steigende Arbeitsbelastung und ein hoher Krankenstand
machen die Arbeit in der Bezirksverwaltung für Berufsanfängerinnen und -anfänger
immer unattraktiver. Da der Verwaltung ein Generationswechsel bevorsteht und die
Dienstleistungen durch neue digitale Möglichkeiten angeboten werden sollen,
brauchen wir neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch den Schwung und die
Ideen junger, motivierter Menschen. Die Vielfalt im Bezirk muss sich dabei auch
in der personellen Besetzung der Verwaltung widerspiegeln.
Um attraktivere Arbeitsplätze zu schaffen, sind flexiblere Arbeitszeiten oder
Home Office für uns denkbar. Durch eine Ausbildungsinitiative möchten wir junge
Menschen für eine Laufbahn in der Verwaltung begeistern. Dafür werden wir auch
auf die Hochschulen und Universitäten zugehen, um Studierende schon während
ihrer Ausbildung für eine Arbeitsstelle in der Bezirksverwaltung zu gewinnen.
Für unsere Verwaltung brauchen wir die qualifiziertesten Köpfe. Dafür müssen die
Stellenbesetzungen transparent und zügig durchgeführt werden. Verfahren, die
mehrere Monate dauern, strapazieren die Geduld der Bewerberinnen und Bewerber
und sind nicht konkurrenzfähig. Hier wollen wir Bürokratie abbauen und
freihändige Stellenbesetzungen beenden, um Vetternwirtschaft auszuschließen.
Gleichstellungsziele sollen konsequent verfolgt und Diskriminierung bekämpft
werden. Dafür wollen wir erste Versuche von anonymisierten Bewerbungsverfahren
im Bezirksamt ausbauen. Für uns zählen Ausbildung, Fähigkeiten und Motivation
und nicht, wer wen mit welchem Parteibuch kennt.
Um die Verwaltung an die heutigen Anforderungen der Menschen in unserem Bezirk
anzupassen, werden wir die Möglichkeiten ausbauen, Verwaltungsleistungen online
von zuhause aus in Anspruch zu nehmen. Dies gehört für uns zu den
Voraussetzungen einer modernen Großstadt.
3.2 Investitionsmittel sichern und in die Zukunft investieren
Durch die Vorgaben des Berliner Senats musste unser Bezirk viele Jahre
zusätzlich sparen, weil unser Bezirk im Vergleich zu anderen Bezirken
beispielsweise mehr Kosten je Schüler*in aufwendet. Dadurch bestraft das Land
Berlin die Bezirke, die ungünstige Voraussetzungen wie große Schulgebäude mit
hohen Unterhaltungskosten haben oder die auf Qualität anstatt auf Quantität
setzen. Für die „Haushaltssanierung“ nutzten SPD und CDU finanzielle Mittel, die
für wichtige Investitionen vorgesehen waren. Das Ergebnis sehen die
Anwohner*innen an jeder Ecke: Der Bezirk ist zwar „schuldenfrei“, nimmt dafür
aber alleine an den Schulen einen Sanierungsstau von 120 Millionen Euro in Kauf.
Von den allein im Jahr 2016 „eingesparten“ drei Millionen Euro
Investitionsgeldern hätten an zwölf Schulen Toiletten saniert werden können. Das
Geld fehlt aber auch den Berliner Bauunternehmen und Handwerksbetrieben, die mit
diesen Aufträgen neue Arbeitsplätze hätten schaffen können.
Im Jahr 2015 haben wir zusätzlich sechs Millionen Euro für die Grundsanierung
der Schulen erstritten. Doch hier muss sich angesichts des riesigen
Sanierungsstaus noch viel mehr bewegen. Dafür wollen wir in Zukunft neue Wege
gehen: Anders als bisher wollen wir nationale und europäische Förderprogramme
nutzen, um die Probleme in unseren Kiezen besser und schneller zu lösen und um
mehr Mittel für Investitionen nutzen zu können. Um diese Mittel beantragen und
verwalten zu können, wollen wir qualifiziertes Personal anstellen.
Wir wollen nicht an Zukunftsinvestitionen sparen, sondern unsere Verwaltung so
gestalten, dass alle Abteilungen, vom Ordnungsamt bis zum Schulamt,
wirtschaftlich arbeiten. Wir wollen, dass Schulen, Bibliotheken, Parks,
Sportanlagen, Jugendeinrichtungen und Bürogebäude schneller und umfangreicher
saniert werden – für die, die sie nutzen und für die, die darin arbeiten.
Deshalb möchten wir dafür sorgen, dass in den kommenden Jahren deutlich mehr
Geld verbaut wird, damit sich Schulkinder wieder auf die Toiletten trauen oder
Sportanlagen wieder gefahrlos genutzt werden können. Denn weitere fünf Jahre
verantwortungslose Sparpolitik werden nicht nur unsere Kinder doppelt bezahlen
müssen: heute als Schülerinnen und Schüler, die in maroden Schulen lernen
müssen, und morgen als Steuerzahlerinnen und -zahler. Wir wollen die
strukturellen Probleme angehen, um die Grundlagen für unsere Zukunft zu
schaffen.
3.3 Wirtschaftlichen Aufschwung fördern und Potenziale erschließen
Die Wirtschaft in unserem Bezirk boomt und wir sehen große Chancen in dieser
Dynamik. Dafür brauchen wir eine moderne Wirtschaftsförderung, welche die
Gründerszene ebenso in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellt wie die kleinen
Handwerksbetriebe in den Kiezen. Deshalb wollen wir diesen Bereich personell
stärken und dafür sorgen, dass die Verwaltung Unternehmen und anderen
wirtschaftlich Tätigen bei ihren Problemen wie unkoordinierte Baustellen vor der
Ladentüre, dem Fachkräftemangel oder Maßnahmen im Bereich der
Ressourceneffizienz weiterhilft. Für uns ist bezirkliche Wirtschaftspolitik ein
Querschnittsthema: von guten Schulen, die die Fachkräfte von morgen ausbilden,
über die klassische Förderung von Start-Ups und den kleinen und mittelgroßen
Unternehmen bis hin zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wirtschaftspolitik
betrifft alle Fachbereiche im Bezirksamt und muss endlich den Stellenwert
bekommen, den sie verdient.
Wir wollen die weichen Standortfaktoren im Bezirk, wie gepflegte Grünanlagen und
ein reichhaltiges Kulturangebot, ebenso stärken wie Orte des Austauschs und des
Netzwerkens, um Gründer*innen zu unterstützen. Außerdem setzen wir uns für
freies WLAN im Bezirk ein und wollen dafür öffentliche Gebäude als Standorte für
Initiativen wie Freifunk bereitstellen. Wir wollen eine nachhaltige
Tourismusentwicklung, die allen Menschen im Bezirk zugutekommt. Hierzu werden
wir in den touristischen Hotspots die Interessensgemeinschaften vor Ort
weiterentwickeln und unerschlossene Potenziale in den anderen Bezirksregionen
erschließen. Außerdem möchten wir, dass mehr Menschen vom Wirtschaftsaufschwung
profitieren. Daher werden wir arbeitsmarktpolitische Maßnahmen stärker auf die
Bedürfnisse der Unternehmen abstimmen, damit offene Stellen besetzt und auch
Menschen in schwieriger Lage Perspektiven eröffnet werden.
3.4 Armut bekämpfen und Perspektiven eröffnen
Wer Hilfe braucht, hat nicht nur Anspruch auf Hilfe, sondern auch auf offene
Türen in den Ämtern sowie auf gute Beratung. Das geht nur mit genug Personal,
und daran wollen wir nicht sparen. Darüber hinaus werden wir das bezirkliche
Beschwerdemanagement verbessern: Beschwerden und Anregungen sollen schneller
bearbeitet und transparent einsehbar sein. Für das Jobcenter werden wir eine
Ombudsstelle einrichten, die Beschwerden über das Jobcenter neutral prüft.
In jeder Familie wollen wir mindestens eine Person in Arbeit oder Ausbildung
bringen. Für diejenigen, die im Arbeitsmarkt in der „freien Wirtschaft“ nicht
mithalten können, sollen Bezirksamt und Senat verlässliche Arbeitsmöglichkeiten
schaffen. Durch Anpassungsqualifizierung beim Jobcenter und Überzeugung der
Arbeitgeber*innen wollen wir den Übergang vom Minijob zur Vollzeitstelle
unterstützen. Dadurch wollen wir auch einen Beitrag gegen die steigende Armut
trotz Arbeit leisten. Auch die Altersarmut in unserem Bezirk wollen wir angehen.
Gemeinsam mit der Seniorenvertretung werden wir dafür werben, Hilfen wie die
gesetzliche Grundsicherung in Anspruch zu nehmen und nicht aus Scham ungenutzt
zu lassen.
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