Veranstaltung: | Programm zur Wahl der Bezirksverordnetenversammlung in Berlin-Mitte 2016 |
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Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.06.2016, 14:27 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Kapitel 1: Den lebenswerten Bezirk gemeinsam gestalten
Text
1.1 Berlin-Mitte zum Vorreiter für Klima- und Umweltschutz machen
Global denken und im Bezirk handeln: Nach diesem Prinzip wollen wir uns dafür
einsetzen, dass Berlin-Mitte in Sachen Umwelt- und Klimaschutz vorangeht und
neue Maßstäbe setzt. Dafür möchten wir gemeinsam mit den Menschen unser
bezirkliches Klimaschutzprogramm umsetzen, das wir als Basis für ein umfassendes
Konzept erstellt haben. Wir setzen der Flickschusterei im Bezirk ein Ende und
treiben vor allem die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude voran.
Dafür wollen wir die zahlreich vorhandenen Fördermöglichkeiten für Kommunen und
Länder nutzen. Wir werden Klimaschutz im Kiez erlebbar machen, beispielsweise
durch die Umsetzung des Beteiligungs- und Planungsprojektes „Klima im Kiez“.
Außerdem möchten wir energetische Quartierskonzepte wie „Green Moabit“ und
weitere regionale Klimakonzepte fördern. Mit dem Ausbau der erneuerbaren
Energien, Energieeinsparung und Energieeffizienz leisten wir als Bezirk einen
Beitrag für den Klimaschutz.
Wir finden, dass Menschen ein Recht auf saubere Luft haben – egal, wo sie
wohnen. Den Fuhrpark des Bezirks wollen wir deshalb schrittweise vollständig auf
Fahrräder und emissionsarme Fahrzeuge umstellen. Und wir meinen, dass Flüsse und
Seen frei zugänglich und auch zum Baden da sein sollten. Wir werden uns deshalb
auch weiter für das Flussbad Berlin und die Fertigstellung des Spree-Uferwegs
stark machen. Das wahrscheinlich auch für den Menschen krebserregende
Insektengift Glyphosat hat in unserem Bezirk nichts zu suchen. Wir werden bei
der Berliner Stadtreinigung (BSR) darauf hinwirken, dass alternative Methoden
zur Unkrautbeseitigung eingesetzt werden. Zum Umweltschutz zählt für uns auch
mehr Lärmschutz – nicht nur an den Hauptverkehrsstraßen, sondern auch mit
lärmschützender Technik an den Bahntrassen. Außerdem setzen wir uns dafür ein,
dass das Nachtflugverbot beim Flughafen Tegel konsequent eingehalten wird.
1.2 Grünflächen erhalten und ausbauen
Wir wollen eine grüne Stadt und keine grauen Betonwüsten. Deshalb setzen wir uns
für die Grünflächen und Parks als wichtige Naherholungsräume für die Menschen
ein, wollen sie erhalten und schützen und die Finanzierung für ihre Pflege
verbessern. Dafür müssen wir die vorhandenen Bäume pflegen und neue Bäume
nachpflanzen. Auf unsere Initiative werden zukünftig auch Obstbäume und andere
„essbare“ Kulturpflanzen gepflanzt, um nicht nur Kindern das Erlebnis der
„essbaren Stadt“ zu bieten. Um die Aufenthaltsqualität in unserem Bezirk zu
erhöhen, sollen mehr Bänke zum Verweilen und Ausruhen in den Grünflächen und im
öffentlichen Raum einladen. Wir setzen uns für den Erhalt möglichst vieler und
verbundener Grünflächen in unserem Bezirk ein und kämpfen weiterhin gegen die
Einzäunung des Großen Tiergartens.
Neben den Grünflächen ist Berlin auch durch die zahlreichen grünen Straßen mit
einem wundervollen Baumbestand gekennzeichnet. Für deren Erhalt treten wir Grüne
mit Nachdruck ein. Bei der Straßenneugestaltung werden wir uns für
Neupflanzungen einsetzen. Wir wollen jeden gefällten Baum durch zwei neue
ersetzen. Dabei beteiligen wir Anwohner*innen, anstatt einfach Tatsachen zu
schaffen, wie durch Fällungen in der Vergangenheit geschehen. Gesellschaftliches
Engagement wie Urban Gardening oder Baumscheibenbegrünung wollen wir fördern und
ausbauen. Dies nützt auch den gefährdeten Bienen und anderen Insekten, die die
Grundlage für eine blühende Stadt sind.
1.3 Mobilität für alle Menschen ermöglichen
Die Straße ist für alle da! Wir treten für eine moderne Verkehrspolitik ein,
welche die Belange aller Verkehrsteilnehmer*innen berücksichtigt. Dafür braucht
es unter anderem barrierefreie Bürgersteige und freie Fahrradwege. Das Zustellen
und Zuparken soll konsequenter geahndet werden. Für Ältere, Menschen mit
Behinderung und Eltern mit Kinderwagen ist die hohe Anzahl von nicht
barrierefreien U-Bahnhöfen im Bezirk nach wie vor ein großes Ärgernis. Hier
werden wir dranbleiben und bei den zuständigen Stellen der BVG auf einen
schnellen Umbau drängen.
Immer mehr Menschen nutzen das Fahrrad. Diesen Trend wollen wir fördern. Als
ersten Schritt haben wir im vergangenen Jahr die Einrichtung eines „FahrRats“
bewirkt, der als beratendes Gremium zusammen mit dem Bezirksamt mögliche
Maßnahmen diskutiert und plant. Gemeinsam mit dem FahrRat wollen wir endlich das
Haupt- und Nebenroutennetz für den Radverkehr erschließen und weitere
Fahrradstraßen, -streifen und -wege ausweisen. Fahrradwege und -streifen müssen
freigehalten und auch baulich wieder auf Vordermann gebracht werden. Dadurch
wird das Rad eine attraktive Alternative und ein schnelles und sicheres
Vorankommen ermöglicht.
Weniger Verkehr bietet für alle mehr Lebensqualität. So wird die Straße Lebens-
und Aufenthaltsraum. Daher liegt uns neben dem Radverkehr auch die
Verkehrsberuhigung von Nebenstraßen am Herzen, damit die Straßen auch für die
Schwächsten sicherer werden. Dafür wollen wir beispielsweise am Hackeschen Markt
gemeinsam mit den Menschen, die dort wohnen und arbeiten, der BVG und der Taxi-
Innung eine verkehrsberuhigte Einkaufsstraße entwickeln, damit Fußgänger*innen
und Radfahrende dort endlich den Platz bekommen, den sie brauchen.
Um den Parkdruck in den Kiezen zu entspannen, setzen wir uns für die Ausweitung
der Parkraumbewirtschaftung insbesondere in den Gebieten ein, in denen die
Bewohnerschaft dies fordert, beispielsweise in der Luisenstadt und im Brüsseler
Kiez. Außerdem wollen wir Alternativen zum eigenen PKW fördern und Parkplätze
ausweisen, die für Carsharing-Fahrzeuge reserviert sind.
1.4 Verdrängung verhindern, nachhaltig und ökologisch bauen und Kiezprojekte
unterstützen
Berlin wächst, und in den vergangenen Jahren sind immer mehr Menschen in die
Metropole gekommen. Es ist großartig, dass Berlin so anziehend für Menschen aus
aller Welt ist. Doch dafür darf kein dringend benötigter Wohnraum in illegale
Ferienwohnungen umgewandelt werden. Um den Wohnungsmarkt zu entlasten und der
Zweckentfremdung von Wohnraum ein Ende zu setzen, werden wir auch weiterhin
gegen illegale Ferienwohnungen vorgehen. Auch den zumeist spekulativen Leerstand
werden wir angehen.
Unser vierjähriges Engagement für Milieuschutzgebiete hat in Berlin-Mitte im
Jahr 2016 endlich Früchte getragen. Fünf Gebiete in Moabit und Wedding wurden
festgesetzt. Damit gibt es die Möglichkeit, bei ca. 96.000 Bewohner*innen
Einfluss gegen Luxusmodernisierungen zu nehmen. Auf unsere Initiative wurden
zudem Prüfkriterien für die Anwendung der Milieuschutzverordnungen beschlossen,
die ein transparentes Verwaltungshandeln für Eigentümer*innen und Mieter*innen
sicherstellen. Wir setzen uns dafür ein, dass das Land Berlin endlich über die
Bereitstellung eines Ankaufsfonds die Umsetzung bei den Eigentümer*innen
sicherstellt, die sich den Milieuschutzzielen verweigern. Wie bisher werden wir
auch zukünftig alle Möglichkeiten wahrnehmen, um die Verdrängung der Menschen
aus ihren Kiezen zu stoppen. Auch die Durchsetzung von Belegungsbindungen von
Wohnungen für Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein ist dafür ein wichtiges
Instrument, das wir nutzen wollen.
Neben der Entlastung des Wohnungsmarktes wird auch Neubau von Wohnraum für
Familien und Menschen mit geringem Einkommen notwendig sein. Hier wurde auf
Antrag unserer Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung das Berliner Modell
zur „kooperativen Baulandentwicklung“ eingeführt, das unter anderem einen Anteil
von 25 Prozent Sozialwohnungen beim Neubau sichert. Bei der Bebauung
bezirkseigener Grundstücke sollen Konzeptverfahren die Umsetzung sozialer und
ökologischer Wohnungsbauvorhaben sicherstellen. Dabei unterstützen wir auch
unsere landespolitische Forderung nach 1000 Grünen Dächern für Berlin. Auf
bezirklicher Ebene wollen wir dies durch ein Fassaden- und Hofbegrünungsprogramm
ergänzen, um das Stadtklima und das Regenwassermanagement der Stadt zu
verbessern.
Auch planerisch ist noch viel Luft nach oben. Andere Städte zeigen
eindrucksvoll, dass Bauen nicht langweilig sein muss. Quadratisch, praktisch,
gut darf nicht länger Motto für Neubauten in unserem Bezirk sein. Wir wollen
Verantwortung für eine anspruchsvolle und ansprechende Gestaltung neuer oder
ergänzter Wohnquartiere wahrnehmen.
Als Grüne sehen wir uns auch als Ansprechpartner*innen für alternative (Wohn-
)Projekte und Kreative. So konnte der „Schokoladen“ in Mitte nicht zuletzt durch
unseren Einsatz als Kulturstandort erhalten werden. Aktuell engagieren wir uns
intensiv für die „Wiesenburg“ im Wedding, die wir mit allen interessierten
Menschen retten und weiterentwickeln wollen.
1.5 Die Kieze gemeinsam gestalten
Eine intensive Bürgerbeteiligung ist uns bei den Planungen des Bezirks ein
wichtiges Anliegen, für das wir uns immer wieder eingesetzt haben und einsetzen
werden. Wir wollen Bürger*innen frühzeitig über Vorhaben informieren und in die
Planungsprozesse einbinden. Beteiligung muss für alle Menschen anschlussfähig
sein. Dafür möchten wir niedrigschwellige Beteiligungsformate vorantreiben und
auch digitale Möglichkeiten dafür nutzen. Davon haben alle etwas: Die
Anwohner*innen können auf die Gestaltung ihrer Kieze Einfluss nehmen, und
gleichzeitig erhöhen sich Qualität und Akzeptanz der Projekte. Denn am meisten
kann der Bezirk von der Erfahrung und dem Wissen der Anwohnerinnen und Anwohner
vor Ort erfahren und lernen. Bürgerbeteiligung in den Kiezen sowie Sanierungs-
und Quartiersmanagementgebiete sollen nachhaltig ausgebaut werden. Um
Transparenz zu schaffen, wollen wir darauf drängen, dass zukünftig
Vorhabenlisten veröffentlicht werden.
Ein lebenswerter Kiez braucht eine kulturelle Infrastruktur aus freier Szene,
Ateliers, Orten für Weiterbildung und Bibliotheken ebenso wie den Späti, die
Dönerbude und die Berliner Eckkneipe nebenan. Deshalb setzen wir uns für
vielfältige und durchmischte Kieze ein. Dabei suchen wir den Ausgleich der
verschiedenen Interessen und wollen die Menschen des Bezirks dazu einladen und
anregen, gemeinsam den Kiez lebenswert zu erhalten und fortzuentwickeln.
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